[Der folgende Text ist der Festschrift „Wenn Geiger sprechen, schweigt die Probe“ entnommen und darf durchaus an einigen Stellen mit einem Augenzwinkern gelesen werden…; d.Red.]
Julius Geiger, ein 96er Baujahr, wurde in dem Jahr geboren, als sich Deutschland sensationell zum Europameister krönte. Und genau wie Oliver Bierhoffs Golden Goal lässt sich auch Geiger bisweilen als „goldig“ charakterisieren. Der sympathische Rimparer versteht sich exzellent darauf, die Herzen seiner Probenteilnehmer höher schlagen zu lassen, was sich unter anderem am nach jeder Probe mit dem von SBO-Mitgliedern geäußerten Satz „Mensch, des war heut wieder so ä schönne Prob“ festmachen lässt. Mit klarem und verständlichem Schlagbild und einer ebenso klaren musikalischen Idee, die er dem Klangkörper auf verschiedenste kreative Art zu vermitteln weiß, kann er immer wieder musikalische Akzente setzen und so spielerische Energien freisetzen.
Auch in puncto Geselligkeit kommt man nicht umhin ihn zu loben, hat er doch den Schuppn schon kurz nach Beginn seiner Dirigiertätigkeit als sein Rafelder Stammlokal auserkoren, welches ihm vor allem am Probenwochenende ein herzlicher Gastgeber war. Ob also vor, während oder nach der Probe, Julius Geiger „connectet“ mit seinem Orchester und ist sich nie für einen Spruch zu schade (Sonst gäbe es ja auch diese Zeitung nicht…). Und auch der nonverbale Austausch via vielsagender Blicke in Richtung Trompetenregister und zurück verläuft stets störungsfrei und produktiv.
Ungemein wichtig ist für ihn auch der Bereich Nachwuchs, was sich daran erkennen lässt, dass er sich auf jede noch so kreativ-verrückte Idee eines gewissen Moderators einlässt und mit vollem Körpereinsatz sogar eher ungewöhnliche Rollen (begriffsstutziges, weil verkatertes, nicht näher definiertes „Tiefblechtier“ mit einer beachtlichen Sammlung an Tiefblech und einem beachtlichen Schlafdefizit) annimmt und sie bravourös verkörpert.
Geklärt werden muss nun noch die Frage, ob man tatsächlich von ihm als einer Art „Taktstock“ sprechen kann. Was die Körpergröße betrifft, lässt sich das auf den ersten Blick bejahen: Geiger ist großgewachsen und hat somit schon von Haus aus eine entsprechende Präsenz am Dirigierpult. Ebenfalls passend ist die Eleganz, mit der Geiger den Taktstock (Also sich selbst?) führt und damit, entsprechend der unnachgiebigen Härte des Werkzeugs, auch mal ganz alleine ein Tempo durchzieht, während sich das Orchester eher unabhängig von ihm „zusammenhört“ und auf ein vom geschlagenen Takt unabhängiges Tempo einigt.
Insgesamt darf also konstatiert werden, dass Julius Geiger eine Bereicherung für jeden Klangkörper ist (er selbst ist ja auch in seiner Eigenschaft als Tiefblechtier ein Könner am Instrument bzw. an mehreren Instrumenten der Tiefblechsektion) und sein Abgang somit ein umso schmerzhafterer. Nichtsdestotrotz gehört dem menschgewordenen Idealbild eines ambitionierten Dirigenten die Zukunft, in der er das SBO sicherlich noch das eine oder andere Mal, in welcher Form und Funktion auch immer, beehren und bereichern wird. In diesem Sinne: Servus, Julius und auf Wiedersehn!
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